Digital unterstütztes Lernen und Lehren braucht keine Raketenwissenschaft, sondern ein durchdachtes Konzept

Konzeption und Umsetzung von digital unterstütztem Lernen und Lehren in Moodle/Mebis/H5P

Die kurzfristigen Schulschließungen im März 2020 waren für fast alle Schulen eine Riesen-Herausforderung. Weil ich rudimentäre Kenntnisse von moodle hatte – einige meiner Unternehmenskunden nutzten das Tool für ihre betriebliche Weiterbildung – baten mich einige befreundete Lehrerinnen und Lehrer um Unterstützung beim Aufbau von Fernunterricht über Moodle bzw. das bayrische Pendant Mebis. Uns wurde nach den ersten Schritten schnell klar, dass unsere zunächst schnell und oberflächlich aufgesetzten Lernangebote bald zu recht völlig unstrukturierten, für Schülerinnen und Schüler zunehmend verwirrenden Lehr- und Lernangeboten führten. So haben wir uns immer öfter kurzgeschaltet und bald schon regelmäßig und intensiv miteinander über „runde“ Ansätze für digital unterstütztes Lehren und Lernen nachgedacht. Schrittweise entstand so ein umfassendes Konzept, dass umgesetzt, danach aber bis heute laufend ergänzt und verbessert wird.

Basis ist die Festlegung der Anforderungen

Zu Beginn haben wir ein paar grundlegende Anforderungen und Bedingungen zu beschrieben:

  • es muss einfach und schnell aufzubauen, zu pflegen, zu bedienen und zu verstehen sein
  • die Bedienung darf keine großen Basis-Anforderungen stellen, damit auch wenig IT-affine Lehrkräfte und Klassen ab Jahrgangsstufe 5 schnell damit vertraut gemacht werden können
  • Aufbau und Bedienung müssen schrittweise erweitert werden können. Es sollte Möglichkeiten sowohl für weniger IT-affinen als auch die mehr und mehr erfahrene Lehrerinnen und Lehrer Spielraum geben, ihre Ideen umzusetzen und im Kollegium zu teilen
  • es muss eine ständige Weiterentwicklung des Systems sichergestellt sein, ohne das die involvierten Lehrkräfte und/oder deren Schulen dafür Treiber sein müssen
  • „Lernen“ und „Üben“ sollen in einem Tool integriert sein
  • externe Quellen und Anwendungen müssen zusätzlich eingebunden werden können
  • die Lösung muss in der Lage sein, in verschiedenen Unterrichtsformen (Fernunterricht, Gruppenunterricht, Präsenzunterricht) und unterschiedlichen Infrastrukturen und Gegebenheiten zu funktionieren. Dazu zählten z.B. Klassen mit oder ohne Beamer/Whiteboard, Tabletklassen, Klassen ohne persönliche digitale Geräte aber sporadischem Zugang zu Computerräumen, Schülerinnen und Schüler mit ständigem und solche mit nur zeitlich beschränktem Zugang zum Internet zu Hause, Haushalte mit schlechtem und solche mit guter Internet-Bandbreite etc.. Neben der Verfügbarkeit eines Tools sind dafür allerdings auch organisatorische Regelungen erforderlich
  • Lehrkräfte müssen den Lernerfolg bzw. Lernstatus der Klasse jederzeit und effizient feststellen können, um Probleme bei Inhalten schnell zu erkennen und darauf gezielt reagieren zu können
  • die Lösung muss auch Selbstlernangebote (Selbststudium) ermöglichen

Angesichts dieser Liste wurde uns klar, dass wir uns auf eine technologische Plattform konzentrieren mussten, die dynamisch weiterentwickelt wird, offen für Verknüpfungen mit externen Quellen ist, viele Möglichkeiten für Lernen und Lehren und die Realisierung auf unterschiedlichem Know How-Niveau bietet.

Lern-Management-System (LMS) als zentrale Plattform

Als Plattform wählten wir Moodle (ein kostenlos verfügbares OER Lern-Management-System / LMS) bzw. das darauf aufgebaute und hinsichtlich der Bedienung nahezu identische bayrische Mebis. Beide LMS erfüllen die definierten Anforderungen, bieten zudem H5P, eine Sammlung interaktiver, individuell gestaltbarer Übungsformen, die als Open Educational Resources (OER) von Menschen auf der ganzen Welt ständig erweitert wird. Moodle/Mebis verfügen zudem über eigene Lern- und Übungs-Anwendungen („Aktivitäten“), die zum Lernen und Lehren weitere Möglichkeiten bieten. Manche davon sind sehr einfach zu bedienen, andere eher komplexer. Die Einstellungsmöglichkeiten sind oft vielfältig, was aber insbesondere zu Beginn i.d.R. nicht genutzt wurde.

Die Beschränkung auf eine einzige Plattform als zentrale Grundlage bietet zahlreiche Vorteile:

  • es gibt einen zentralen Zugang zu allen Lern- und Übungsinhalten
  • Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler müssen nur ein Tool erlernen, was sowohl Training/Schulung der Lehrkräfte als auch der Schülerinnen und Schüler erheblich vereinfacht
  • Zugänge für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler und ggf. auch Eltern müssen nur einmalig zentral angelegt / gepflegt werden
  • die Zusammenarbeit in Kollegien ist in vollem Umfang möglich, wenn alle die gleiche Plattform nutzen. Das schließt auch den Austausch von Lerninhalten und Übungen ein und ist somit auch eine Basis für Zusammenarbeit/Kollaboration und sogar arbeitsteilige Organisation innerhalb von Fachschaften

Ein wichtiger Vorteil der gewählten LMS war in unserem Fall die Tatsache, dass sie an den Schulen der Beteiligten bereits kostenlos zur Verfügung standen und stehen. In Bundesländern / Schulen, die mit anderen LMS wie z.B. itslearning arbeiten, gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede zu dem, was in diesem Blog beschrieben wird. Somit ist das hier beschriebene Konzept in einer großen Zahl von Schulen in der Bundesrepublik umsetzbar.

Als wenig oder völlig ungeeignet für unsere Anforderungen zu zentralen Plattformen für digital unterstütztes Lernen und Lehren haben wir dagegen Email, Standard-Anwendungen großer Anbieter wie Microsoft, Apple oder Google (z.B. Teams, OneNote, Notes etc.), Video-Konferenz-Tools (Teams, Zoom, Webex, …), erweiterte Messenger-Systeme (z.B. Schulmanager, Outlook) und webbasierte Text-Editoren (Etherpad, Task Cards etc.) ausgeschlossen, vor allem aufgrund der dort fehlenden Integration interaktiver Übungen und des jeweils notwendigen Aufwands für Einrichtung und Pflege der Zugänge. Die Tatsache, dass einige Anwendungen kostenpflichtig sind, spielte in unseren frühen Überlegungen tatsächlich keine Rolle, ist aber natürlich ein wichtiger Faktor für Schulen und Schulträger.

Umsetzung in Moodle/Mebis

Die Basisstruktur der Kurse haben wir zu Beginn einige Male angepasst, vor allem, weil im LMS neue Funktionen zur Verfügung gestellt wurden. Die hier beschriebenen Dinge beschreiben den aktuellen Stand und basieren auf Moodle 4 bzw. der entsprechenden Version von Mebis.

Einige Bemerkungen zu der technischen Leistungsfähigkeit von Moodle/Mebis, weil ich einige Male erlebt habe, dass Lehrkräfte auf schlechte Erfahrungen mit diesen LMS hinweisen (komplizierte Bedienung, Unübersichtlichkeit, mangelnde Systemstabilität). Das war vor Jahren tatsächlich nicht immer problemlos, aber die Tools wurden in den letzten Jahren massiv weiterentwickelt und verbessert. Das betrifft sowohl Stabilität und Bedienbarkeit als auch Funktionsumfang. Die jüngste Moodle-Version 4 hat insbesondere im Hinblick auf Bedienbarkeit und Übersichtlichkeit nochmals erhebliche Verbesserungen gebracht. In Bayern wird auch gerne auf spezifische Probleme der Systemstabilität von Mebis (dessen Lernplattform auf Moodle beruht) verwiesen. Dazu folgende Feststellung: die bayrischen Lehrkräfte in unserer Runde arbeiten nun seit drei Jahren regelmäßig mit dem LMS und bestätigen ausnahmslos, dass es nach großen Problemen unmittelbar nach Schulschließungen im März 2020 sowie im Dezember des gleichen Jahres keine nennenswerten Probleme mehr gab, das System sehr stabil und zuverlässig funktioniert. Das waren jeweils Engpässe, die angesichts der unvorhersehbar und plötzlich gestiegenen Nutzung erwartbar, aber kaum vermeidbar waren. Und einzelne Bugs, die unmittelbar nach Versionsänderungen beobachtet wurden, hielten sich nach unserer Erkenntnis in Grenzen und wurden rasch behoben. Andere von Schulen eingesetzte Tools haben in der Zeit vergleichbare, oft sogar deutlich heftigere und häufigere Probleme gezeigt. Insofern hatten wir keinen Grund, andere LMS-Lösungen zu erwägen.

Um Bedienung und Austausch zwischen den Lehrkräften zu erleichtern, haben wir in unserem Konzept einige Dinge für alle Fachkurse für die Beteiligten standardisiert. Dazu gehören z.B. das Kursformat (grundsätzlich Kachelformat) und diverse Einstellungen innerhalb eines Kurses (vor allem „Aktivitäten verfügbar, aber verborgen“). Um den Einstieg für die Lehrerinnen und Lehrer zu vereinfachen, habe ich ein Template (also ein erster Kurs, der anschließend für alle kopiert und dann nach Bedarf individuell angepasst werden kann) gebaut, in dem diese Standards schon enthalten waren. Die Lehrkräfte brauchten die Kurse also nur zu kopieren und konnten sich von Beginn an auf die eigenen Inhalte konzentrieren.

Die gemeinsam entwickelten Anforderungen an Übersichtlichkeit, leichter Bedienbarkeit für Lehrkraft wie Schülerinnen und Schüler, der dauerhaften Nutzbarkeit der Kurse, der arbeitssparenden Steuerung von Lerninhalten, und nicht zuletzt die möglichst einfache Austauschmöglichkeit zwischen Lehrerinnen und Lehrern haben dann sukzessive zur heutigen Struktur geführt:

  • es gibt nur einen einzigen Kurs für eine Kombination von Fach und Jahrgangsstufe (also z.B. ein Kurs Deutsch Klasse 7, der alle Inhalte des betreffenden Schuljahres enthält)
  • darin gibt es mindestens einmal die Aktivität „Buch“, manchmal auch öfter, wenn die Zahl der Inhalte und Übungen in einem einzigen „Buch“ zu unübersichtlich wären
  • alle Lerninhalte, Übungen, und wo gewünscht auch externe Anwendungen und Medien sind im Buch über Links oder – für erfahrenere Anwender die elegantere Lösung – Embedding verknüpft. Die Aktivität „Buch“ erkläre ich unten ausführlicher
  • Alle Aktivitäten im Kurs werden grundsätzlich für Schülerinnen und Schüler unsichtbar gemacht (Weitere Einstellungen: Verfügbar, aber auf der Kursseite nicht anzeigen). Das führt dazu, dass die entsprechenden Anwendungen nur über Links aufgerufen und genutzt werden können, aber im Kurs unsichtbar bleiben. So erreicht man, dass die Klasse auch bei umfangreichen Kursen nicht durch zahllose sichtbare Aktivitäten völlig verwirrt wird – was die Übersichtlichkeit erheblich steigert.
  • Auch die einzelnen Bücher werden entsprechend unsichtbar gemacht. Stattdessen wird im Abschnitt „Allgemein“ des Kurses ein Text eingegeben, der beim Öffnen des Kurses angezeigt wird. Er wird bei Öffnen des Kurses angezeigt und enthält in unserer Struktur eine Beschreibung der Inhalte des Kurses, insbesondere aber eine Auflistung der darin enthaltenen „Bücher“. Jedes Element in dieser Aufzählung wird mit dem jeweiligen „Buch“ verlinkt, so dass mit einem Klick auf das Element das betreffende Buch geöffnet wird – auch das trägt zu mehr Übersichtlichkeit bei

Nach Öffnung sehen die Schülerinnen und Schüler ein Fenster wie das folgende:

Abb.1: Titelseite eines Fachkurses Geschichte Klasse 7 mit Link zu den darin enthaltenen Büchern (das aktuelle Thema haben wir fett markiert)

Das aktuelle Thema (hier „Mittelalter“) wird durch Fettdruck hervorgehoben.

In dem abgebildeten Beispiel gibt es auch einen Link zur den „aktuellen Aufgaben„. Mit der diesem Link zugrunde liegenden Aktivität „Checkliste“ stellen Lehrkräfte Aufgaben für die Klasse(n). Schülerinnen und Schüler bearbeiten diese Liste und markieren die erledigten Aufgaben. Lehrkräfte haben so ohne großen Aufwand jederzeit einen aktuellen Überblick, wer welche Aufgaben bereits erledigt hat. Checklisten sind also vorteilhaft, aber nicht zwingend erforderlich.

Alle Inhalte und Übungen zu einem bestimmten Thema werden in ein „Buch“ integriert

Im Zentrum unserer Fachkurs-Struktur steht die Aktivität „Buch“. Dabei handelt es sich tatsächlich um etwas ähnliches wie ein Buch. Man kann mit dieser im Grundsatz ganz einfachen Aktivität eine beliebige Anzahl von Seiten anlegen und diese jederzeit bearbeiten, ergänzen und löschen. Eine „Seite“ besteht aus einer Überschrift und einem Feld, in das man Text und Bilder einfügen, aber auch Wörter / Sätze / Bilder mit Links zu anderen Webseiten verknüpfen kann. Auch „Embedding“ ist möglich, also die Anzeige einer anderen Website innerhalb der betreffenden „Buchseite“. Das ist beispielsweise für Medien wie Filme vorteilhaft. Und für Nerds ist es sogar möglich, eigene HTML-Seiten zu programmieren – was aber von den Lehrkräften in meinem Umfeld wohl nicht so bald genutzt wird. Rechts der jeweiligen Seite werden alle verfügbaren Seiten des Buches angezeigt, sie können in zwei Ebenen hierarchisch gegliedert werden (z.B. als Kapitelüberschrift und Detailseite). Um auf eine bestimmte Seite zu gelangen, klickt man auf die entsprechende Zeile des Inhaltsverzeichnisses. Das folgende Bild zeigt eine in das Buch integrierte Übung (Aktivität H5P, Column) aus Schülersicht:

Abb. 2: Beispiel einer Buchseite mit eingebetteter Aufgabe (Aktivität) und Inhaltsverzeichnis (rechts)

Ein großer Vorteil des „Buchs“ ist, dass jede Seite einzeln oder mit dem gesamten Kapitel freigeschaltet werden kann. So können Lehrerinnen und Lehrer mit einem einzigen Klick Inhalte der nächsten Stunde sichtbar machen, anderes aber noch „verstecken“. Es können jederzeit Seiten hinzugefügt, gelöscht oder geändert werden. So lassen sich jederzeit Inhalte anpassen, wenn man im Unterricht merkt, dass die Klasse mit Formulierungen oder Aufgaben Schwierigkeiten hat. Auch die genutzten interaktiven Inhalte und Aufgaben haben wir schrittweise erweitert, heute sind z.B. grafische Drag & Drops, Diktate, durch 360°-Bilder visualisierte Inhaltsverzeichnisse, Edubreakouts und einiges mehr enthalten, für Fremdsprachen können mit „Speak the words“ sogar Aufgaben gestellt werden, bei denen Schülerinnen und Schüler Lösungen sprechen statt als Text eintippen.

Ein Buch ist aus Sicht der Lehrerinnen und Lehrer nicht nur auf das aktuelle Schuljahr ausgelegt, sondern darauf, auch in den kommenden Jahren immer wieder verwendet und verbessert zu werden. Beim Schuljahreswechsel sollten dann allerdings die zunächst nicht erforderlichen Buchseiten mit einem Klick unsichtbar gemacht werden.

Mit dieser Funktion schafft man recht einfach eine übersichtliche Struktur, und muss dazu über keine nennenswerten IT-Kenntnisse verfügen. Wer mit reinen Text-Eingaben arbeiten möchte, beherrscht das dafür Notwendige in ein paar Minuten. Interaktive Übungen, von denen es ständig mehr gibt, kann man im Laufe der Zeit ausprobieren und in der einfachsten Form (Link, auch das ist in Minuten erlernt) in kürzester Zeit in das Buch integrieren. Später kann man die Übungen durch Embedding auch auf der Buch-Seite anzeigen, schöner, aber funktional nicht zwingend. Und wenn aus weniger IT-affinen Lehrkräften doch irgendwann Nerds werden, lässt sich noch vieles mehr gestalten.

Auch Differenzierung haben wir mittlerweile integriert. Für beobachtete Lerndefizite / Lücken lassen sich in dieser Struktur zusätzliche Übungen als Förderkurs (Förder-„Buch“) anbieten. Für die besonders Interessierten Schülerinnen und Schüler gibt es fast in jedem Buch die Seite „Wenn du mehr wissen möchtest“ mit Links zu interessanten Webseiten, Museen, Medien, aber auch z.B. Tipps für Ausflüge (historisch interessante Orte der Umgebung), Spielfilme und mehr.

Einbindung der analogen Welt

Auf klassische Arbeitsblätter sollte in der digitalen Welt ja möglichst verzichtet werden, auch, weil interaktive Übungen wie „Lückentexte“, „Drag the Words“, „Kreuzworträtsel“ oder „Worte markieren“ erheblich schneller umgesetzt sind als das betreffende Arbeitsblatt in Word. Hinzu kommt, dass bei interaktiven Übungen die Korrektur vom System übernommen wird, Schülerinnen und Schüler also gleich und vor allem ohne, dass Lehrkräfte oder Eltern darüber schauen müssen, eine Rückmeldung erhalten, ob ihre Lösung korrekt ist. Und Lehrkräfte sehen die Ergebnisse direkt, ohne eigenen Aufwand für Korrekturen.

Manchmal möchte oder muss man aber auch weiterhin auf die klassischen Blätter und Präsentationen zurückgreifen. In diesen Fällen integrieren wir die betreffende Datei in das Buch. Dazu öffnen wir diese Datei (z.B. eine Powerpoint-Präsentation oder ein Word-/pdf-Arbeitsblatt), mit der Tastenkombination windows + shift + s wählen wir anschließend den gewünschten Bildausschnitt aus, der dabei in so in die Zwischenablage von Windows abgelegt wird (bei Apple IOS haben wir leider noch keine vergleichbar einfache und schnelle Möglichkeit gefunden) und übertragen ihn mit der Tastenkombination strg + v in das Textfeld des Buches. Wer möchte, kann im Kurs auch noch ein „Verzeichnis“ anlegen, eine Aktivität ähnlich einem Cloudspeicher. Dort lassen sich Arbeitsblätter und alle notwendigen sonstigen Dateien z.B. als pdf-Datei ablegen, und wenn gewünscht auf einer Buchseite als Link anbieten. Wir nutzen das heute oft, um der Klasse und Lehrkräften zu erleichtern, das auf der „Buch“-Seite gezeigte Arbeitsblatt als pdf zu öffnen und auszudrucken.

Ein Konzept zur Digitalisierung des Lernens ist keine Raketenwissenschaft für Nerds

Die beschriebene Form eines Klassenkurses enthält also heute nahezu alle Inhalte (Informationen, Übungen, Medien, Dateien), die im Unterricht verwendet werden. Sogar didaktische Hinweise und Notizen von Lehrkräfte lassen sich als Seiten integrieren, die lediglich als unsichtbar für die Schülerinnen und Schüler markiert bleiben sollten.

Das Lernen und Lehren in diesem Konzept kann je nach Gusto mehr oder weniger digital erfolgen – es ist geeignet, um in einer Tabletklasse eingesetzt zu werden, funktioniert aber auch, wenn man nur Dinge am Beamer zeigt oder die Arbeitsblätter ausdrucken möchte und nur sporadisch oder z.B. bei Hausaufgaben auf Medien oder digitale Übungen zurückgreifen möchte.

Schülerinnen und Schüler haben immer Zugriff auf alle bereitgestellten Lerninhalte, können also jederzeit wiederholen, üben, nachschlagen. Das erleichtert z.B. Vorbereitungen auf Tests, Arbeiten und Abschlussprüfungen. In letzterem Fall haben wir zusätzlich für das Fach Deutsch ein zusätzliches „Buch“ mit Beschreibungen des typischen Prüfungsaufbaus, der gültigen Rahmenbedingungen (gem. Veröffentlichung der Kultusministerien) und weiteren fachlichen Tipps (z.B. Formulierungshilfen) und Übungsmöglichkeiten erstellt.

Die Erstellung der Kurse war für uns dabei nie ein besonderer Kraftakt, und noch viel weniger Raketenwissenschaft. Sie sind eben nicht auf einmal entstanden, sondern wurden nacheinander und schrittweise aufgebaut, dann laufend nach Bedarf weiterentwickelt. So blieb der erforderliche Aufwand durchweg beherrschbar. Einen etwas höheren Aufwand als vor Einführung der Kurse (also vor März 2020) hatten wir nur in den ersten Monaten, aber bald zeigten sich schon teils deutliche Entlastungen, die über die Jahre immer spürbarer wurden. Sowohl im Hinblick auf die Lernerfolge der Klassen als auch der Aufwandsreduktion für Unterrichtsvor-/Nachbereitung, Lernstandsmonitoring und auf festgestellte Lücken abgestimmte Förderung wurden nachhaltige Verbesserungen bei der überwiegenden Zahl der Schülerinnen und Schüler erzielt. Obwohl: erhebliche Potentiale konnten noch gar nicht realisiert werden, so z.B. im Hinblick auf die Kollaboration und Arbeitsteilung in Fachschaften – eine Mehrheit innerhalb der Kollegien befürchtete wohl, die individuelle Hoheit über Unterrichtsvorbereitung und Aufgabenstellungen könnte durch Arbeitsteilung beschränkt werden.

Die Erstellung, Umsetzung und ständige Weiterentwicklungen dieses Konzepts waren möglich, weil Menschen aus zwei unterschiedliche Erfahrungsbereichen als Team zusammengearbeitet haben: Lehrkräfte mit langjährigen Kenntnissen zu Didaktik und spezifische Anforderungen ihrer jeweiligen Fächer und umfassenden Erfahrungen im Umgang mit Schülerinnen und Schülern, die offen für die Zusammenarbeit mit einem Betriebswirt waren, dessen berufliche Schwerpunkte bis dahin u.a. in Projektmanagement und datengestützten Analysen und Prozessen bestanden. Beides zusammen war Grundlage des Erfolgs.

Veröffentlicht von diggitall

Hochschul-Gastdozent für "Sales & eCommerce" und Aviation-Themen Unternehmensberater

2 Kommentare zu „Digital unterstütztes Lernen und Lehren braucht keine Raketenwissenschaft, sondern ein durchdachtes Konzept

  1. Lieber Jörg Schwingeler,
    vielen Dank für dies umfassenden Gedanken zum durchdachten Aufbau einer Lernplattform. Ich glaube aber, dass der Aufbau einer ähnlichen Struktur an vielen Schulen sehr schwierig ist, da wie Sie sagen Kolleginnen und Kollegen befürchten, dass ihre „individuelle Hoheit über Unterrichtsvorbereitung und Aufgabenstellungen“ beschränkt werden könnte. Eine aus meiner Sicht etwas flexiblere Struktur zeigt die iM3-Gruppe (https://www.im3-gruppe.de/) der Max-Weber-Schule in Freiburg auf: dort besteht die Lernplattform moodle aus einer hierarchischen Struktur mit den drei Ebenen Klassen-, Fach- und Themenkurse. In dieser Struktur „baut“ die Klassenleitung den Klassenkurs und verlinkt dort auf die einzelnen Fachkurse. Darin „baut“ jede Lehrkraft ihren individuellen Lehrgang, in dem sie auf die einzelnen Themenkurse verlinkt. Diese wiederum können von einzelnen Kolleginnen und Kollegen oder Teams zusammengestellt und frei zur Verfügung gestellt werden. Wie so etwas im Prinzip aussehen kann ist unter https://selbstlernmaterial-moodle.de/course/view.php?id=67 beispielhaft dargestellt.
    Beste Grüße aus Köln
    Thomas Unkelbach

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    1. Lieber Thomas Unkelbach,
      vielen Dank für diese Hinweise. Ansätze wie die der iM3-Gruppe sind ein gutes Beispiel für praktikable Lösungen an unseren Schulen. Ich denke/hoffe, auch unseres kann dazu einen Beitrag leisten. Es gibt in Deutschland eine große Bandbreite digitalen Engagements und entsprechender Kompetenzen, tolle Ideen einerseits, in anderen Schulen aber auch völlige Wüsten.
      Ich habe in diesem Blog tatsächlich nur ein Element unserer Gedankenwelt herausgegriffen, nämlich die Fachkurse. Tatsächlich sind auch wir auch etwas breiter unterwegs. Dazu gehören Klassenkurse, Fachschaftskurse und als „Steuerungszentrale“ für die Lehrkraft ein Dashboard, in dem neben den vielen Fachkursen (je einer pro Fach-Jahrgangsstufen-Kombination) auch weitere Inhalte z.B. für Vertretungsstunden oder auch externe Anwendungen zusammengestellt sind. Vom Klassenkurs aus verlinken wir nur zu den Fachkursen der wenigen Teilnehmer/Teilnehmerinnen unter den Lehrkräften, denn ein großer Teil in den Kollegien ist, wohlwollend formuliert, eher zurückhaltend bei der Nutzung digitaler Möglichkeiten.
      Im Hinblick auf die Zusammenarbeit in Fachschaften habe ich von einer Lehrkraft von einem anderen Problem erfahren: an der betreffenden Schule hat jede Fachschaft ihre individuelle digitale Lösung für Zusammenarbeit. Eine Fachschaft arbeitet mit unserem Mebis-Modell, alle andere mit jeweils eigenen Cloudspeichern. Offenbar sollen dort nur pdf-Dateien (Arbeitsblätter zum Ausdrucken) ausgetauscht werden, denn für alles Interaktive, größere Dateien und auch Online-Diskussionen (Foren) ist ein Cloudspeicher keine brauchbare Lösung. Und die Bedienung diverser Cloudspeicher nebeneinander stößt bei weniger IT-affinen Lehrkräften nicht auf Akzeptanz. Wenig überraschend gibt es an keiner dieser Schule bislang nennenswerte Zusammenarbeit in den Fachschaften.
      Beste Grüße vom Allgäu an den Rhein
      Jörg Schwingeler

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