Während der Schulschließungen haben viele Lehrkräfte mit Moodle oder einem der umgetauften Verwandten wie Mebis gearbeitet. Offenbar hat das bis heute das Image des Systems beeinflusst und viele Meinungen nachhaltig geprägt. Ich erlebe auch heute noch regelmäßig sehr ablehnende Haltungen, das sei alles extrem kompliziert und wenig benutzerfreundlich. Ich sehe das ganz anders: Mit dem richtigen Konzept und der heutigen Benutzeroberfläche ist Moodle sehr einfach und komfortabel zu nutzen und kann helfen, den Lernerfolg zu steigern.
Für alle, die das System nicht kennen, zunächst einmal eine etwas vereinfachte Beschreibung: Moodle basiert auf Kursen, für deren Nutzung man Personen berechtigen kann. Bei diesen Personen unterscheidet Moodle grundsätzlich zwischen zwei Gruppen: Lehrende und Lernende.
Die in einen Kurs eingeschriebenen Lehrkräfte sind berechtigt, Inhalte (Aktivitäten) einzufügen und zu editieren, Schüler können sie lediglich nutzen.
Um etwas Ordnung zu schaffen, können diese Aktivitäten in Kapitel („Abschnitte“) einsortiert werden. „Aktivitäten“ sind höchst unterschiedlicher Natur, oft geht es um interaktive Übungen, wie z.B. Lückentexte, Drag & Drop, Fragen / Quiz / Rätsel etc.. Hinzu kommen weitere, meist ebenfalls interaktive Anwendungen aus H5P. Insgesamt finden wir in einer typischen Moodle-Installation, wie z.B. dem bayrischen Mebis, eine mittlere zweistellige Zahl möglicher Aktivitäten. Alle verfügen über diverse Einstellungsmöglichkeiten, teils allgemeiner Art, teils spezifisch auf die Anwendung bezogen. Die Möglichkeiten sind heute bereits ungeheuer vielfältig und da weltweit ständig neue Ideen hinzukommen, nehmen die Möglichkeiten kontinuierlich zu. Darin liegt wohl auch ein wesentlicher Grund für die skeptische oder ablehnende Haltung zahlreicher Lehrkräfte: wer glaubt, man müsse die Möglichkeiten alle kennen und beherrschen, ist schnell hoffnungslos überfordert. Da erscheinen externe Alternativen, die auf wenige, spezifische Anwendungsmöglichkeiten abzielen, überschaubarer und leichter erlernbar.
Für unser Konzept beschränken wir uns deshalb auf wenige Möglichkeiten, die leicht verständlich und erlernbar sind. Damit schaffen wir eine Grundstruktur, die später mit zunehmender Erfahrung und ggf. auch Schulungen nach Bedarf schrittweise ergänzt wird. Wir beginnen mit der zentralen Aktivität für unser Konzept, dem „Buch“.
Diese Aktivität erstellt ein elektronisches Dokument ähnlich einem Buch. Nachdem man dem Buch einen Namen gegeben hat, kann man Seiten hinzufügen und diese in „Kapitel“ unterteilen. Jede Seite besteht aus einem Feld, in das man vielfältige Inhalte wie Texte, Bilder, Medien (Audio & Video) einfügen kann.
Zunächst muss man die erste Seite einfügen und füllen. Wir haben diese Seite „Einleitung“ genannt und einen kurzen Text zur Begrüßung eingetippt. Wenn wir diese Eingaben speichern, wird die neue Seite angezeigt. Auf der rechten Seite baut die Aktivität „Buch“ automatisch ein Inhaltverzeichnis auf, das laufend aktualisiert wird. Ein Klick auf den Seitentitel im Inhaltsverzeichnis führt jeweils auf die betreffende Seite.
In unserem Beispiel gibt es zuerst einmal nur die Seite „Einleitung“. Das sieht folgendermaßen aus:

Die Aktivität baut automatisch ein Inhaltsverzeichnis auf, in dem die vorhandenen Seiten mit einem Seitentitel dargestellt und durch einfachen Klick aufgeblättert werden können. Rechts des Seitentitels werden bei eingeschaltetem „Bearbeiten“-Button vier Symbole gezeigt:
- Ein Stift: ein Klick darauf bewirkt das Öffnen der Seite im Bearbeitungsmodus
- ein Abfalleimer: dort kann ich die Seite löschen
- ein Auge: hier kann man einstellen, ob die Schülerinnen und Schüler diese Seite sehen können. Wir können also jede Seite gezielt ein-oder ausschalten. So kann man z.B. steuern, dass zunächst nur bestimmte Inhalte gezeigt werden, andere aber nicht. Außerdem kann man Seiten generell verbergen, z.B. weil man dort Lösungen und eigene Notizen erfassen möchte, die die Lerngruppe nicht sehen soll.
- das +: bei einem Klick darauf eine zusätzliche Seite in das Buch eingefügt
Solange das Buch nur aus einer Einleitung besteht, hat es natürlich keinen großen Nutzen. In unserem Beispiel fügen wir nun ein neues Kapitel ein. Dazu klicken wir auf das + hinter dem Titel „Einleitung“ im Inhaltsverzeichnis. Es wird eine neue Seite angelegt und im Bearbeitungsmodus geöffnet:

Zunächst muss die neue Seite eine Überschrift (den „Seitentitel“) erhalten, mit der sie im Inhaltsverzeichnis angezeigt wird. Wenn wir darunter das Kästchen links neben dem Wort „Unterkapitel“ anklicken, würde die neue Seite als Teil des Kapitels „Einleitung“ behandelt und im Inhaltsverzeichnis etwas nach rechts eingerückt werden. Das möchten wir an dieser Stelle nicht, es soll hier ein separates Kapitel mit einem bestimmten Thema eröffnet werden.
Danach können wir „Inhalte“ eingeben, das rote Ausrufezeichen beim Wort „Inhalte“ zeigt an, dass Moodle hier verlangt, dass im nachfolgenden Eingabefeld etwas eingegeben wird.
Über diesem Eingabefeld finden wir verschiedene Symbole, die eine Formatierung eines Textes und das Eingeben unterschiedlicher weiterer Elemente ermöglichen. Mit einem Klick auf die drei Punkte auf der rechten Seite der Symbolleiste öffnet man eine zweite Reihe von Symbolen, die weitere Möglichkeiten eröffnen.
Über der ersten Symbolleiste werden noch mehr Eingabe- und Editiermöglichkeiten in Menüform (Bearbeiten, Ansicht, …) angeboten, deren Beschreibung wir heute zurückstellen.

Mit diesem Eingabefeld stehen nun zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen man die Seite füllen kann:
- einige Symbole sind den meisten z.B. aus Word vertraut, sie dienen der Formatierung eines markierten Textes. Da Moodle an manchen Stellen Englisch als Basissprache verwendet, steht B für Fettbuchstaben und I für kursive Schrift. Mit Klick auf das unterstrichene A lässt sich die Schriftfarbe verändern, die standardmäßig schwarz ist
- in der ersten Reihe folgt nach dem Stift-Symbol, das die Hintergrundfarbe des markierten Textes einstellt, dass Symbol für „Bild„. Beim Klick darauf öffnet sich ein Fenster, mit dem man in seinem Laufwerks-Verzeichnis ein Bild suchen und auf dieser Seite einfügen kann
- Rechts daneben folgt ein Symbol, das man so ähnlich auch bei YouTube findet. Es steht für Video- und Audio-Dateien, funktioniert ähnlich wie das gerade beschriebene Einfügen eines Bildes, nur wird hier ein Video bzw. eine Audio-Datei eingefügt, das als Datei gespeichert ist
- Es folgt das Symbol eines Mikrophons. Beim Klick darauf öffnet sich ein Fenster, in dem die Lehrkraft eine Audio-Datei aufnehmen kann – vorausgesetzt, man nutzt gerade einen Computer oder Mobilgerät, das das ermöglicht. Die Schülerinnen und Schüler können diese dann abspielen
- Daneben wird ein Kamera-Symbol gezeigt, es ermöglicht die Aufnahme eines Videos. Das funktioniert ähnlich wie die Audio-Aufnahme, nutzt aber zusätzlich die Kamera des Computers oder Mobilgerätes
- Wir sparen uns erst einmal ein paar Erklärungen zu den folgenden Symbolen und finden weiter rechts ein Ketten-Symbol. Damit können wir einen Link zu einer beliebigen anderen Internet-Seite einfügen. Schülerinnen und Schüler gelangen per Klick auf den mit dem Link versehenen Text (alternativ ein einzelnes Wort oder Bild) zu der verlinkten Webseite.
Um einen Link einzufügen, markiert man zunächst das betreffende Wort / den betreffenden Text oder ein Bild und klickt dann auf das Kettensymbol. Jetzt öffnet sich ein Fenster, in dem die Internet-Adresse der zu verlinkenden Seite eingegeben wird.
Hat man den gewünschten Inhalt hinzugefügt, klickt man auf „Änderungen speichern“ unten links, dann wird diese Seite gespeichert und im Inhaltsverzeichnis angezeigt.
Alle Seiten lassen sich jederzeit leicht verändern, indem man im Inhaltsverzeichnis hinter dem Titel der betreffenden Seite auf das Stift-Symbol klickt.
Als Beispiel nachfolgend einen Ausschnitt aus dem Inhaltsverzeichnis aus einem schon weiter entwickelten Buch, das die Deutsche Teilung vermittelt (Inhalte basieren auf dem Lehrplan plus für Geschichte Klasse 10 in Bayern):

Die aktuell geöffnete Seite wird im Inhaltsverzeichnis jeweils fett gedruckt. In der Überschrift steht vor dem Titel „DDR“ hier ein „X“, weil dieses Kapitel für die Schülerinnen und Schüler zum Betrachtungszeitpunkt noch nicht geöffnet (freigeschaltet) ist. Deren Inhaltsverzeichnis ist auch etwas anders als die Sicht der Lehrkräfte: ausgeblendete Seiten werden den Lernenden nicht angezeigt.
Mit den vorangegangenen Erklärungen ist die Aktivität „Buch“ im Wesentlichen schon beschrieben. Als Einstieg in digital gestütztes Unterrichten braucht man tatsächlich nicht mehr – denn mit diesem Buch lassen sich schon die wichtigsten Anforderungen an ein zentrales Lern-Management-System zur digitalen Unterstützung von Lernen und Lehren abbilden:
- niederschwelliger (einfacher) Einstieg besonders für wenig IT-erfahrene Lehrkräfte; die Aktivität „Buch“ ist schnell erklärt und leicht in kurzen Schulungen vermittelt
- schrittweiser Auf- und Ausbau: nach Bedarf können im Laufe der Zeit neue Seiten bzw. Kapitel ergänzt und/oder bestehende Seiten angepasst werden
- Übersichtliche Strukturierung: „Seiten“ und „Kapitel“ ermöglichen eine klare, übersichtliche Strukturierung. Außerdem ist es natürlich möglich, mehrere, thematisch abgegrenzte Bücher zu erstellen. So gibt es bei uns z.B. in Geschichte jeweils ein eigenes Buch für Frühgeschichte, Ägypten, Griechenland, Rom etc.
- Einbindung anderer Webseiten: durch einfache Verlinkung werden beliebige Web-Angebote an der gewünschten Stelle in das Buch integriert. Das können z.B. Inhalte, Übungen, aber auch Medien wie Videos aus den öffentlich rechtlichen Mediatheken oder YouTube sein.
Übrigens: Auch jede Moodle-Datei und sogar jede einzelne Seite eines Buches haben eine Webadresse und können somit auf Buchsweiten verlinkt werden. Inhalte, die man an mehreren Stellen nutzen möchte, können problemlos von verschiedenen Buch-Seiten verlinkt werden - Möglichkeit zur Wiederholung / Prüfungsvorbereitung und zum Nachschlagen: die Lerngruppen finden die in Moodle für sie freigeschalteten Inhalte, Übungen und Medien jederzeit und ortsunabhängig – sofern sie Internet-Zugriff haben
- Differenzierung: in ein Buch lassen sich problemlos auch zusätzliche Inhalte und Übungen einbauen, um identifizierte Lerndefizite zu überwinden. Mit zunehmender Erfahrung lassen sich hier auch interaktive Übungen (z.B. Aktivität „Lektion“) verlinken
Für Schülerinnen und Schüler, die an einem Thema besonderes Interesse haben, bieten wir in mehreren Fächern die Buch-Seite „Wenn du mehr wissen möchtest“ an. Dort sind z.B. ausführlichere Videos und Webinhalte verlinkt, es gibt teilweise auch Tipps zu themenbezogenen Museen und Orten. - Arbeitsteilung / Teamarbeit: Über die Berechtigung zum Zugriff auf einen Kurs kann man Anwendungen im Kollegium zeigen, gemeinsame Kurse entwickeln und nutzen, oder auch – wenn man in den Quell-Kurs einkopiert wurde – auch kopieren. Für die Zusammenarbeit im Kollegium bietet Moodle eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, die ich in einem separaten Blog beschreiben werde
- Vermittlung der gemeinsamen Kompetenz: wenn alle Kurse auf der Aktivität „Buch“ basieren, die ohne Weiteres auch von weniger IT-affinen Lehrerinnen und Lehrern bedient werden kann, erkennen die Klassen sowohl die einheitliche Struktur als auch die Kompetenz des Kollegiums in der Nutzung des digitalen Lernens.
Alle unsere Kurse, die wir an einer Schule und einer Hochschule einsetzen, basieren auf der Aktivität „Buch“ als zentralem und strukturgebendem Element.
Anspruchsvolle Inhalte wie interaktive Aktivitäten aus Moodle / H5P, externe Lernangebote (Übungen, Mediatheken, Bildungsangebote wie Bundeszentrale für Politische Bildung, Planet Wissen, Planet Schule, ZDF Schule, Angebote von Schulbuchverlagen soweit nutzbar etc.) haben wir über Verlinkung genauso in die Buch-Struktur integriert wie externe Feedback-Anwendungen (z.B. Fellofish, Mentimeter oder Kahoot!).
Natürlich bleiben die „Bücher“ immer nur ein Teil des Lernens und Lehrens, sie ergänzen, aber ersetzen nicht das analoge Lernen, das klassische „Begreifen“.
Wie die Kombination von analogem und digitalen Unterricht aussehen kann, werde werde ich in einem späteren Blog zeigen. Im nächsten Beitrag schauen wir uns an, wie ein großer Teil der Ziele unseres Konzepts auf einfache Weise umgesetzt werden kann.
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