Im vorangegangenen Blog haben wir gesehen, dass Lernen und Lehren durch digitale Anwendungen erheblich verbessert werden können. Wir haben aber auch festgestellt, dass der Erfolg kein „Selbstläufer“ ist – ein rein technisch begründeter Ansatz, dem ein geeignetes Konzept fehlt, kann sogar negative Auswirkungen auf den Lernerfolg haben.
Nachfolgend zeige ich, welche Kriterien und Aspekte ein funktionierendes Konzept berücksichtigen sollte:
Unser Konzept hat die Aufgabe, eine Brücke von der Ausgangssituation zum angestrebten Ziel zu schlagen. Da die technische Entwicklung derzeit sehr rasch voranschreitet – z.B. im Hinblick auf KI – und auch das für die Schule relevante Umfeld massiven Änderungen unterworfen ist, kann ein solches Ziel nicht als fixer vollständig definierter Endzustand beschrieben werden. Wir benötigen die Fähigkeit, Veränderungen und Weiterentwicklungen einzubauen – und zwar ohne großen Aufwand.
Die online verfügbaren Anwendungen und Inhalte nehmen exponentiell zu. An die Stelle der früheren, eher begrenzten Auswahl von gedruckten Schulbüchern treten heute zahllose Online-Angebote, oft mit sehr fokussierten Möglichkeiten. Für den Schulunterricht wird also eine laufend weiter wachsende Anzahl von (Online-) Quellen und Anwendungen angeboten.
Deren Zunahme stellt nicht nur zunehmende technische und fachliche Anforderungen an Lehrkräfte, sondern droht auch für Schülerinnen und Schüler unübersichtlich zu werden – wenn es das nicht sogar heute schon ist.
Lehrerinnen und Lehrer können angesichts der bestehenden und ständig hinzukommenden Angebote kaum noch den Überblick behalten. Gleichzeitig sind sie gefordert, neue Möglichkeiten in ihren Unterricht aufzunehmen und letztlich eigene Erfahrungen mit neuen Ansätzen zu einer Weiterentwicklung ihres Unterrichts zu kombinieren. Der dafür notwendige zeitliche Aufwand ist für die einzelne Lehrkraft realistischerweise immer weniger leistbar. Diese Herausforderungen sind ohne ein hohes Maß an Arbeitsteilung (Zusammenarbeit) im Kollegium bzw. innerhalb der Fachschaften nicht zu bewältigen. Das umfasst z.B. das Testen neuer Anwendungen und Quellen, die Schulung des Kollegiums zu den als sinnvoll angesehenen Dingen und letztlich die Gestaltung von Lernmaterial und dessen praktische Integration in den Unterricht.
Schrittweises Vorgehen dient nicht nur der Vermeidung einer übermäßigen Belastung beim Aufbau. Unsere Welt ist heute sehr raschen Veränderungen unterworfen, ständiges Lernen und kurzfristige Anpassungen und Weiterentwicklungen sind deshalb unabdingbar.
Die Anforderungen an digitale Anwendungen wie z.B. interaktive Übungen sind überwiegend sehr fachspezifisch. Lückentexte helfen in Mathematik wenig, können aber z.B. in Geschichte sinnvoll sein. Interaktive Diktate machen im Sprachunterricht Sinn, im Geografieunterricht nutzen sie wenig. Selbst innerhalb von Naturwissenschaften wie Mathematik, Physik, Chemie und Biologie werden sehr unterschiedliche Anforderungen an Inhalte und Übungen gestellt.
Trotz der Vielfältigkeit verschiedenartiger Anwendungen und Möglichkeiten muss für Schülerinnen und Schüler wie auch die Lehrkräfte eine klare, übersichtliche Struktur der Inhalte durchgängig erkennbar sein. Lange Listen von Links und Aufgabenstellungen führen dagegen zu nachhaltiger Verwirrung und vermitteln alles andere als das von Hattie geforderte Bild gemeinsamer Kompetenz.
Nicht nur in Lehrerkollegien sind die digitalen Kenntnisse und Fähigkeiten sehr unterschiedlich. Für die weniger IT-Affinen muss der Einstieg möglichst einfach sein („niederschwellig“) und trotzdem spürbare Verbesserungen (Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler, Vereinfachung und/oder Zeitersparnis für die Lehrkräfte) zeigen. Gleichzeitig müssen erfahrene Personen aber auch anspruchsvollere Inhalte umsetzen können.
Die genannten Anforderungen lassen sich in folgendes Grobkonzept übersetzen:
- Wir benötigen eine zentrale Plattform, in der eine klare Struktur der digitalen Inhalte geschaffen werden kann. So wird die Übersichtlichkeit für Lernende und Lehrende gewährleistet
- Die Bedienung grundlegender Elemente muss leicht erlernbar sein, tiefgehende IT-Kenntnisse dürfen nicht erforderlich sein
- Diese Plattform muss einfach zu erstellende Verknüpfungen mit beliebigen anderen Anwendungen und interaktiven Aktivitäten ermöglichen. Das geschieht üblicherweise durch Verlinkung oder Embedding (Einbettung anderer Webseiten)
- Die Anwendungen inklusive der Verknüpfungen zu anderen Inhalten müssen schnell und einfach gepflegt werden können (Erstellung, Ergänzung/Anpassung, Löschung)
- Schülerinnen und Schüler müssen jederzeit und ortsunabhängig einfachen Zugang zu den Inhalten haben, z.B. um Dinge zu üben, zu wiederholen, nachzuschlagen oder sich auf Prüfungen / Tests / Klassenarbeiten vorbereiten zu können
- Lehrkräfte müssen unkompliziert zusammenarbeiten können. Das beinhaltet Kommunikation / Diskussion, vor allem aber auch den einfachen Austausch von Lernmaterial in verschiedenen Formaten (Arbeitsblätter z.B. als pdf, digitale Medien, interaktive Übungen, Links etc.). Kommunikation / Diskussion ist hier die Grundlage für einen laufenden Austausch und die ständige Weiterentwicklung. In diesem Rahmen sollen auch Erfahrungen und Tipps oder Ergebnisse eines Tests neuer Angebote geteilt werden
Auf den ersten Blick mögen diese Anforderungen herausfordernd wirken. In den folgenden Blogs werde ich aber zeigen können, wie sich dieses Grundkonzept recht unkompliziert umsetzen lässt.
Als Grundlage verwenden wir das Lernmanagement-System Moodle, das in Deutschland wie auch weltweit von einer großen Zahl von Schulen, Hochschulen und auch von Unternehmen für Fortbildungen genutzt wird. Dieses Open-Source – System wurde weit über 180.000 mal installiert, weltweit gibt es über 340 Millionen Nutzer.
In Deutschland wird das LMS teilweise unter anderem Namen genutzt, so heißt es in Bayern „Mebis“, in Berlin „lernraum-berlin“, in Baden-Württemberg „DAKORA“, Nordrhein-Westfalen nennt es „LOGINEO NRW LMS“, Rheinland-Pfalz „Lernplattform@RLP“ bzw. „SchulcampusRLP“, das Saarland „Online-Schule Saarland“ und Hamburg als „LMS Lernen Hamburg. In Hessen, Sachsen-Anhalt und Sachsen wird es ebenfalls zur Verfügung gestellt.
Es wird auch an mehr als 250 Hochschulen im deutschsprachigen Raum genutzt.
Als Open Source – Anwendung wird Moodle von Unterstützern in der ganzen Welt ständig weiterentwickelt. Üblicherweise sind auch die interaktiven Open Source-Anwendungen von H5P in Moodle integriert. Die Möglichkeiten der Plattform werden so laufend erweitert und verbessert. Für alle, die das System während der Schulschließungen oder noch früher kennengelernt haben und danach nie wieder genutzt haben, sei gesagt, dass heute sowohl Bedienung als auch Funktionsumfang massiv verbessert sind.
Unser Konzept, das ich beginnend mit dem nächsten Blog praktisch vorstelle, basiert auf grundlegenden Aktivitäten von Moodle, sollte sich somit auch auf jeder Installation umsetzen lassen.
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